ARABISCHES MEER / ARABIAN SEA



Nun haben die Franzosen tatsächlich gewonnen! Es ist offiziell: wir treffen am 20. April in Marseille ein. Der Kapitän schreibt: „Sobald uns die Behörden die erforderliche Genehmigung erteilt haben, können Sie zwischen dem 20. und 21. April von Bord gehen.“ Wir vermuten, dass sie dann für die Deutschen einen Transport nach Deutschland organisiert haben, vielleicht mit Bussen (das war in einem anderen Fall derselben Gesellschaft so) oder mit dem Flugzeug, was uns lieber wäre, denn so eine Busfahrt dauert auch nochmal 12 Stunden. Aber das müssen wir jetzt auf uns zukommen lassen.

Genauso müssen wir auf uns zukommen lassen, was eigentlich unter Quarantäne zu verstehen ist. Werden wir alle zusammen irgendwo für 14 Tage kaserniert, oder schicken sie uns an unsere Wohnorte, um dort in unseren Wohnungen die zwei Wochen abzuwarten? Wie sollen wir unsere Heimatorte unter den Bedingungen der Quarantäne erreichen? Wir müssten ein Taxi oder einen Mietwagen nehmen oder mit der Bahn fahren. Alles das lässt sich nicht völlig kontaktlos machen.

Es wird über erste Engpässe an Bord gemunkelt.  Wir wurden offiziell darauf aufmerksam gemacht, dass, obwohl Trinkwasser unbeschränkt vorhanden ist (das Schiff hat eine eigene Trinkwasseraufbereitungsanlage), die Mineralwasserflaschen langsam zur Neige gehen. Deshalb werden in Zukunft nur noch zwei Flaschen pro Passagier und Bestellung ausgegeben. Hintenrum haben wir aber erfahren, dass das in erster Linie eine Maßnahme gegen Hamsterer ist, wie es sie auch an Land gibt. Man hat Leute gesehen, die mit zehn Flaschen auf einmal abzogen. Ein anderer ganz cleverer und sehr diplomatischer Zug ist, dass sie am Buffet der frischen Früchte die großen Teller und Schüsseln durch kleine ersetzt haben, damit die Leute sich nicht solche Massen auf den Teller schaufeln und nachher die Hälfte wegschmeißen. Ein Mann (Franzose! Tut mir leid. Ist halt so.) wurde dabei beobachtet, wie er ganze Platten mit frischem Obst in seinen Rucksack kippte. Er hörte damit auch nicht auf, als ein Freund von uns ihn darauf ansprach, ob das wirklich notwendig wäre. Unser Freund bekam eine Antwort, die man in feiner Gesellschaft nicht wiederholen kann, und der Typ machte einfach weiter. Ihr seht daran, unser Schiff repräsentiert eine kleine Welt, in der alles genauso geschieht wie in der wirklichen, der großen Welt.  

Gestern Abend bekamen wir unsere Anweisungen dafür, dass wir jetzt in Gebieten kreuzen, in denen das Risiko von Piraterie besteht. Die Maßnahmen begannen letzte Nacht und werden bis Sonntag, den 12. April fortgesetzt. Wir folgen dem empfohlenen “Maritime Security Transit Corridor”, einem Gebiet, das von internationalen Seestreitkräften kontrolliert und geschützt wird. Unsere Durchfahrt wird durch ‘United Kingdom Maritime Trade Operations’, ‘Maritime Security Center Horn of Africa’ und ‘Comando Gererale delle Capitanerie di Porto Roma III Reparto
überwacht. Aber wie ich schon vorher berichtet habe, sind keine zusätzlichen Sicherheitskräfte an Bord gekommen. So müssen unsere eigenen Sicherheitsleute gut auf uns aufpassen.

Für uns Passagiere bedeutet es, dass die meisten offenen Flächen, die nicht durch Glaswände abgeschirmt sind, für diese Zeit unzugänglich sind. Das Außenlicht auf den Kabinenbalkonen muss ausgeschaltet bleiben und die Passagiere sollten während der Dunkelheit ihre Balkone nicht benutzen. Die Vorhänge vor Fenstern und Balkontüren müssen nachts geschlossen bleiben, die Lichter auf allen Außendecks werden während der Nacht ausgeschaltet und alle Gäste und Besatzungsmitglieder müssen sich drinnen aufhalten.

Sie verkündeten einen Farbencode zur Alarmierung: BLAU bedeutet, dass ein verdächtiges Boot entdeckt wurde. Die Besatzungsmitglieder beginnen mit der Evakuierung der Außendecks. ORANGE bedeutet, dass es ein wirkliches Problem gibt und die Passagiere angewiesen werden, die Außendecks zu verlassen und hineinzugehen. ROT heißt, dass eine echte Gefahr vorliegt. Die Passagiere werden von Besatzungsmitgliedern auf Deck 4 hinunter gebracht. GRÜN gibt Entwarnung. Das Schiff ist sicher und es kann zur Normalität zurückkehren. So sehr ich auch Abenteuer liebe, in diesem Fall wäre es mir doch lieber, keinen dieser Codes hören zu müssen.

Vielleicht hilft es ja, wenn wir große Schilder außen am Schiff anbrächten: VOLLER  CORONA. Wenn schon das leiseste Gerücht (das dazu völlig falsch war) ausgereicht hat, den westaustralischen Premier zu veranlassen, die Marine gegen uns einsetzen zu wollen, dann beeindruckt es vielleicht ja auch ein paar somalische Piraten.

Für alle, die jetzt in ihren Wohnungen sind: habt ein paar friedliche und gesunde Ostertage! Bleibt zuhause und schützt damit Euch und andere!




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The French have won! Now it is official, we will arrive in Marseille on the 20th of April. And the captain’s letter says: “once the authorities have provided us the necessary clearance, you will be able to disembark between the 20th and 21st of April”. We expect that they will organise transport for the Germans back to Germany either by bus (as they did for another ship of the same company) or by flight, which we would prefer, because the bus ride would take around 12 hours. But we have to wait and see. As we have to wait and see what ‘quarantine’ will mean for us. Will they keep the whole bus/flight somewhere for two weeks or do they send us home with the order to go into quarantine there? How do they imagine we reach our town under conditions of quarantine? We will have to go by taxi, hired car or train and thus will have to be in contact with other people.

There is talk about the first shortages on board. We were made aware that although drinking water is there (as the ship produces it herself), we might run out of mineral water. So now mineral water bottles are rationed (two per person whenever one orders drinks). But we have learnt that the background is that there are hoarders on board as they are at home. People have been seen going away with 10 bottles at a time. Another clever and diplomatic step they have taken is that now at the buffet for fresh fruits the larger plates and bowls have been replaced by smaller ones to hinder people to overfill their plates. One man (French! Sorry, I can’t help it) was seen emptying whole plates of fruit into his rucksack and not stopping, when a friend of ours asked him if that was really necessary. Our friend only got an answer of the kind that can’t be repeated in polite society, and the chap went on filling his bag. As you can see our ship is a little cosmos, everything that can happen, happens here.

Last night we got our orders for sailing in areas considered at risk of piracy. It started yesterday and will go on until Sunday, the 12th of April. We are sailing in the recommended “Maritime Security Transit Corridor”, which is closely controlled and protected by international naval forces. Our passage will be closely monitored by the ‘United Kingdom Maritime Trade Operations’, the ‘Maritime Security Center Horn of Africa’ and the ‘Comando Generale delle Capitanerie di Porto Roma III Reparto’. But as I reported before, we did indeed not take any extra security people on board, but our own security has to be on alert.

For us passengers this means that most unprotected open spaces are closed during this time. The light of the cabin’s balconies must be turned off during the night and passengers should not use the balcony in darkness. The window and balcony curtains must be closed, all the lights on the open decks will be turned off and all guests and crew must remain inside during the night.

They announced colour-coded procedures: BLUE means a suspected boat has been spotted. Crew members start to evacuate external decks. ORANGE means that there is real concern. Crew members order people to leave external decks and go inside. RED means that there is an emergency. The crew will guide all passengers down to Deck 4. GREEN means the ship is safe and can return to normal activity. As much as I am keen on adventures I would be very grateful if we could be spared hearing any of those codes.

Perhaps we could put huge signs on all sides of the ship: FULL OF CORONA. When even the slightest rumour (which was totally false) was enough for the PM of West Australia to send out the navy to get rid of us, perhaps it would impress some Somalian pirates as well.

For all you at home: have some peaceful and healthy Easter days! Stay at home and stay safe!

1 Kommentar:

  1. Good to hear that you now have some certainty about where you'll enter Europe. I think that 're-entry' will be quite a shock - it probably would be after 4 months on board, even without the current situation. I hope you'll have a safe passage with no pirate activity in the next few days. I suspect you'll have more opportunities for celebrating Easter than those of us on land will enjoy!
    Cheers, Gail.

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