AUF SEE - INDISCHER OZEAN



So haben wir uns also am Sonntagabend von Australien verabschiedet und uns auf den Weg nach Norden gemacht. Montagmittag, zu der Zeit, wo der Kapitän seine täglichen Informationen zu Ort , Geschwindigkeit und Windverhältnissen bekannt gibt, haben wir dann erfahren, dass unser nächstes Ziel Colombo/Sri Lanka ist, wo wir wieder einen technischen Stopp machen, d.h. vor allem aufgetankt werden. Es war schönes Wetter und ich lag gerade auf einer Liege nicht weit vom Pool (davon noch später!). Um mich herum applaudierten die Leute und die Französin (!), die neben mir lag, meinte, jeder Tag mehr ist ein geschenkter Tag. Wie recht sie hat, dachte ich.

Colombo in Sri Lanka war einer der Häfen auf unserem ursprünglichen Kreuzfahrtplan, so könnten wir doch wenigstens etwas aus der Ferne sehen. Heute informierte uns der Kapitän um dieselbe Tageszeit, dass diese Ferne vielleicht noch ferner sein wird, denn wir dürfen nicht in den Hafen einlaufen, sondern müssen auf See betankt werden (aber vielleicht war das auch ein Aprilscherz?).

Gerüchteweise haben wir auch gehört, dass unser Schiff den Zeitpunkt der Durchquerung des Suezkanals mit einem Frachtschiff der gleichen Reederei getauscht hat. Die Rede ist vom 14. oder 15. April anstelle des ursprünglichen 24. April. Wann wir tatsächlich im Mittelmeer ankommen und welcher Hafen uns dann aufnimmt, ist offiziell noch nicht bekannt.


Diese Ansagen von der Brücke werden immer durch zwei Gongschläge eingeleitet. Seit dem Ende unserer offiziellen Kreuzfahrt, also seit Sydney, steht alles still, wenn dieser Gong ertönt, und jeder hält den Atem an, weil er tief drinnen denkt, jetzt kommt etwas Schlimmes. Ist dann die Nachricht doch nicht ganz übel, geht ein Seufzer der Erleichterung durch das ganze Schiff.


Aber es gab auch eine offizielle Ankündigung, die uns von Tag zu Tag mehr frustriert hat: die Ratschläge, wie man sich verhalten soll, um sich gegen den Virus zu schützen, Händewaschen, Schnäuzen in den Ellenbogen etc. Das Problem war nicht, dass diese Ratschläge falsch gewesen wären, das waren sie natürlich nicht. Aber das immer wieder abgespielte Tonband war in den ersten Tagen des Bekanntwerdens der Corona Gefahr aufgenommen worden, und enthielt deshalb jede Menge Ratschläge, wie man sich an Land verhalten sollte, worauf das ganze Schiff die Lautsprecher anschrie: „Wir gehen NICHT an Land!“ Ihr müsst Euch vorstellen, diese Ansage kam in fünf Sprachen und dauerte eine Viertelstunde, in der man dann Zeit hatte, um die unerfüllten Landgänge zu trauern.


Seit heute haben sie offensichtlich unsere Gebete erhört (oder unsere Proteste. Oder haben die Franzosen wieder eine Eingabe geschrieben?), und nun haben sie ein neues Band aufgenommen, das uns ermahnt, auf unsere Hygiene zu achten, aber mehr unserer Situation angepasst ist. Und kürzer ist es außerdem!


Aber ich wollte noch über etwas anderes schreiben, was mich immer wieder ärgert. Zur Einleitung sei die Bordzeitung zitiert, in der jeden Tag zu lesen ist: Sonnenliegen und Liegestühle:  Wir bitten Sie, keine Sonnenliegen und Liegestühle zu reservieren oder für längere Zeit unbenützt zu besetzen.“ Jeden Tag wieder? Hält sich einer dran? Natürlich nicht, wie man auf den Fotos sehen kann. Die sind um 9:00 Uhr morgens aufgenommen worden. Niemand hat um diese Zeit schon sonnengebadet und ist nur mal schnell für eine Minute verschwunden. Ich habe keine Ahnung, um welche Zeit die ersten mit ihrem Handtuch auftauchen, aber wenn wir aufstehen, sind die begehrtesten Plätze bereits belegt. Ich habe sogar den Eindruck, dass manche Leute die Poolaufpasser bestechen, Stühle für sie zu sichern. Immer mehr Schilder tauchen auf den Liegestühlen auf: „Reserviert für Behinderte“, wenn die „Behinderten“ dann kommen, zwinkern sie dem Poolaufpasser zu, der nimmt die Schilder weg und sie lassen sich gemütlich nieder. 


Ich weiß, dass das Reservieren von Liegestühlen mit Hilfe von Handtüchern eine deutsche Erfindung ist, und wir haben so was auch schon an anderen Orten gemacht. Weil der Michael nicht in die Sonne kann, sind wir immer auf der Pirsch nach Plätzen im Schatten. 


Nun gibt es wirklich keinen Mangel an Sonnenliegen an Bord. Man findet immer eine, wenn man eine braucht. Was knapp ist, sind die Plätze am richtigen Ort! Also erstmal in der Nähe des Pools, dann vielleicht im Schatten und geschützt von Wind. Knappheit ist also das Problem und das erinnert mich an das, was wir von zuhause hören. Dass nämlich Leute jede Menge Lebensmittel und anderes hamstern, in Mengen, die sie sonst nie kaufen würden, und damit alle anderen zwingen das Gleiche zu tun, denn niemand möchte der sein, der zum Schluss den Laden betritt, und alle Regale sind leergefegt. Wenn also solche Panikkäufe beginnen, dann muss man mit der Meute mitrennen, sonst ist man zum Schluss einfach nur der Blöde. 

Niemand gib einem einen Orden für Vernunft und Prinzipientreue. Wenn alle vernünftig wären, gäbe es zwar kein Problem. Wenn niemand Liegestühle reservieren würde, würden alle Sonnenanbeter immer noch passende Liegestühle vorfinden. Aber leider verschafft sich die erste Person, die solche Regeln übertritt, einen solchen Vorteil, so dass, wenn einer oder wenige damit beginnen, die Lawine ins Rollen kommt und nicht mehr zu stoppen ist. Soweit es unser Leben auf diesem Schiff betrifft, fällt es uns leicht, dieser Angewohnheit nicht zu folgen, wir sind vielleicht dadurch ein bisschen weniger in der Sonne als die Handtuchschwinger, aber das kann sogar für die Gesundheit von Vorteil sein (schon mal was von Hautkrebs gehört?). Aber wie geht man im wirklichen Leben damit um?


Das bringt uns nun zu den Neuigkeiten, die wir von zuhause hören. Die meisten, mit denen wir korrespondieren, akzeptieren, dass es jetzt besondere Regeln gibt und folgen diesen auch, um sich und andere zu schützen. Aber nahezu jeder hat so sein privates kleines Hintertürchen. Diese eine Sache, die man eigentlich nicht tun sollte, die sie aber unbedingt tun wollen, und wenn sie damit die Regeln brechen, naja, dann sind die Regeln halt übertrieben, oder die Regierung übertreibt mal wieder oder was sonst  immer die Entschuldigung sein mag, diese Regel nun gerade nicht zu befolgen. Wir fragen uns, was unser Hintertürchen sein wird, wenn wir erst einmal zu Hause sind. Vielleicht das gemütliche Kaffeetrinken mit dem Nachbarn? Es sind ja nur zwei Schritte von seiner zu unserer Tür. Muss einen ja keiner dabei beobachten. So lange wie keiner von uns infiziert ist, was soll daran falsch sein?


Wenn unser seltsames Abenteuer schließlich endet, werden wir in eine uns völlig fremde Welt zurückkehren, deren Regeln und Gebräuche wir sehr schnell werden lernen müssen, um nicht uns und andere in Gefahr zu bringen. Aber im Moment sind wir noch auf dem Weg nach Colombo: 3.149 Seemeilen oder 5.832 km, von denen wir bereits 1.050 Seemeilen oder 1.950 km hinter uns gebracht haben.   





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So we said our ‚Good Byes‘to Australia on Sunday evening and headed north. On Monday around noon when the captain makes his normal announcements about nautical details, this time we were informed that we are sailing to Colombo/Sri Lanka for another technical stop. It was a sunny day and I was on a sun bed near the pool (more of this later). People around me applauded. A French (!) lady next to me explained that every day more was kind of a gift. She is so right, I thought.

Colombo in Sri Lanka would have been one of the ports of our original itinerary, so now we even might see it from a distance. Today the captain informed us that the distance might even be greater than we imagined, as we will not be allowed to enter the port, but a tanker will come out for us to refill (if that is not an April’s fool joke!).


There is a rumour going around that our ship exchanged slots for passing the Suez-Canal with a freight ship of the same company. So our earlier passing the canal (14th or 15th of April) seems to be settled. Still we do not know when we will reach the Mediterranean and which port eventually will allow us to leave the ship. 


These announcements from the bridge always start with gongs. Since the end of our official cruise in Sydney, whenever this gong comes, the whole ship falls into silence, people just stop where they stand, because deep down everybody expects to hear something really unpleasant. Therefore, when the news is not that bad, the communal sigh of relieve can be heard and felt far and wide.

But there was one regular announcement of which everybody eventually was sick and tired: the recommendation how to protect against the Virus by washing hands and sneezing into one’s elbow. It was not that the recommendation was false, it was that this was a tape which was recorded at the very beginning of the problems with that virus, therefore the recommendation repeated again and again, what we should do when going ASHORE, to which the whole ship shouted: ‘But we are NOT going ashore!!!’. You have to imagine that this announcement always came in five languages and altogether took about 15 minutes, while everybody just mourned for the fact that those splendid times were now long gone. 


Meanwhile they have heard our prayers (or protests, perhaps there was another French delegation?) and they have produced a new tape, which still reminds of our hygiene, but is more adequate for our situation. And it is shorter!


But I wanted to tell you about one of my pet hates. Let me cite from our daily on-board newsletter: “Sunbeds and Deck Chairs We kindly invite you not to reserve or hold sunbed unused for long periods.” This is a daily pledge. Is it listened to? Of course not, as you can see by the photos. Those pictures were taken at 9:00 o’clock in the morning. Nobody at this time had been there already for a while and just vanished for a minute on urgent business. I have no idea how early in the morning the first arrive with their towels, but when we get up, all the best places are already taken. I am even under the impression that people bribe the pool guards to do the dirty work for them. Suddenly you see signs: “Reserved for the handicapped” all over the place. When eventually those handicapped appear they are all but, they give a little wave to the pool guard, he takes the signs away and they sit down.


I know it is a German invention, and I admit we have done it ourselves in other places. Michael just can’t stay in the sun for too long, so we always chase for places in the shade.

Now there are plenty of sun beds on board. You will always find one if you want one. The shortage is about the location (Location, Location, Location!). Prime locations are near the pool, in the shade or where one is protected from wind. So the problem is shortage and that reminds me of what is going on at home, where people buy lots of food and stuff, they normally would not buy in this amount and thus force the next person to do the same, as nobody wants to be the one, who comes to the shop and find it empty. 

So if panic buying starts you have to become part of the pack, otherwise you will have been just stupid. Nobody will give you a gong for being rational and principled. If everybody would be principled, there would be no problem. I am sure if nobody would put a towel down, everybody in the end would find a nice place for sun bathing. But unfortunately the first person who cheats has all the advantages, so if one or a few start, the avalanche just rolls. As far as this ship is concerned we find it not so difficult not to follow the trend, we might spend less time in the sun compared to the towel throwers, but this might even have a health advantage (ever heard of skin cancer?). But in real life, how does one deal with this? 


Which brings me to the news we hear from home. Most of our correspondents accept that strict rules and regulations are now necessary to protect themselves and everybody else around them. But then each and everyone has a little backdoor exit, the one thing, they just wanted to do, and if that broke the rule, well, the rules must be wrong, the governments were overreacting or whatever else is the excuse, not to follow the rules in that particular point. We wonder what our backdoor exit will be once we reach home. Perhaps it is the coffee afternoon with our neighbour? It is just one step from his door to our door. Nobody would see us, if we were careful. As long as none of us is infected, what should be so wrong about it?


Once this remarkable adventure of ours will have ended, we will perhaps return into a very strange world, where we will have to learn a lot of things very quickly to not endanger ourselves or other ones. Now we are still on our way to Colombo: 3,149 nautical miles, 5,832 km, of which we already have covered 1,050 nautical miles or 1,950 km.
 

3 Kommentare:

  1. Renate, I feel it is time for a thorough scientific study aimed at proving ill-founded (or not) the many British jokes about Germans in holiday resorts always being the one to rise at the crack of dawn to monopolise the sunbeds. (I'm sure, with your wide knowledge of British culture, that you are well aware of this stereotype). So an opportunity for collecting and analysing data surely presents itself! Which nationalities are the first arrivals on sun loungers, and how do the numbers compare with the relative proportions of each nationalities on board? To work, please. I'm looking forward to seeing some statistically validated data on this important issue!
    Cheers, Gail.

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    1. That would mean getting up at an unholy time in the morning and greeting and starting a conversation with every towel thrower to find out their nationality? That risk is much too high. So from what I hear during the day I would guess all nations are well represented. And des there are British people among them.

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    2. Fair enough, the world will have to make do with your qualitative assessment!

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