FREMANTLE II - AUSTRALIEN



Wir verlieren langsam das Gefühl für Zeit, weil wir anscheinend jeden Tag wieder in derselben Schleife steckten. Also fassen wir noch mal zusammen:

Wir sind am Morgen des 24. März in Fremantle angekommen und in einen Skandal verwickelt worden, an dem ein paar beschränkte Politiker und Medienleute aus Westaustralien schuld waren. Wir haben Ladung an Bord genommen und aufgetankt – ohne menschliche Kontakte – da in diesem Moment noch geplant war, nach Dubai zu fahren und von dort aus die Passagiere mit Fliegern heimzuschicken. Wir verließen den Hafen von Fremantle am Abend und wurden von blinkenden und winkenden Leuten auf dem Pier verabschiedet.

In der Nacht wurden wir dann darüber informiert, dass nun Dubai alle seine Häfen für fremde Schiffe geschlossen habe. Wir würden also vor der Küste Westaustraliens kreuzen, bis eine neue Entscheidung gefällt wäre, wo wir nun hinfahren sollten. Und das haben wir getan. Die nächsten drei Tage haben wir das Muster einer Blume auf den Ozean gezeichnet.

Dann kam die ersehnte Information: wir würden nach Fremantle zurückkehren, um Extraproviant zu laden für, wie der Kapitän wörtlich sagte: „Unseren langen Weg zurück nach Europa.“! Jeder, den wir hinterher fragten, hat in diesem Moment jubelnd die Arme hochgerissen, als hätte seine Fußballmannschaft ein Tor geschossen.

In der Zwischenzeit hat die westaustralische Regierung ihren verbalen Kampf gegen alle Kreuzfahrtschiffe fortgesetzt. Allerdings stehen nicht mehr wir im Zentrum der Aufmerksamkeit. Ein anderes Schiff, die Artania, die tatsächlich Coronavirus-Kranke an Bord hat, hatte um dringende Hilfe für ihre nicht australischen Passagiere gebeten, was die australische Seele zum Kochen brachte. Aber wir bekamen die Reaktion auch ab, weil wir nicht mehr am Pier landen durften, wo das Beladen nur Stunden gedauert hätte. Dafür mussten wir Freitagnacht (das war dann der 27.3.) außerhalb des Hafens vor Anker gehen. Und natürlich kam der erste Gruß wieder von einem Polizeiboot. Und von Zeit zu Zeit kreisten Helikopter über uns.

Schließlich kam ein ziemlich kleiner Kahn mit einem kleinen Kran darauf und brachte uns Verpflegung. Und dieser kleine Kahn ist jetzt zwei Tage hin und her gefahren, bei Tag und bei Nacht, um alles herüberzuschaffen. Während ich dies schreibe, ist gerade die letzte Ladung angekommen. Der Kahn musste zum Schluss der Polizei auf ihrem Boot Bericht erstatten, dass sie keine Flüchtlinge an Bord haben. Nun sind die Anker gelichtet, die Maschinen sind angeworfen, und wir erwarten die Ansage des Kapitäns, wo es nun hingeht.

Seit dem Beginn unserer Weltreise waren wir noch an keinem Ort so lange wie hier in Fremantle / Perth. Vielleicht hätte sich der Aufenthalt gelohnt, vielleicht ist es sehr schön hier. Wir wissen es nicht, wir haben nicht viel davon sehen können.

Wenn man auf einem Schiff ist und sich in unserer Situation befindet, dann empfindet man unwillkürlich ein Solidaritätsgefühl mit anderen, die sich auf Kreuzfahrten und in schwierigen Lagen befinden. So ist das jetzt ein Bericht über die Artania. Auch sie machte eine Reise um die Welt, die sogar
noch eher als unsere startete, nämlich im Dezember 2019. Da dieses Schiff langfristig von einem deutschen Reiseunternehmen gechartert ist, befinden sich an Bord überwiegend Deutsche. Auch sie planten in Fremantle aufzutanken und dann nach Deutschland zurückzukehren. Aber dann stellte sich leider heraus, dass sie tatsächlich Corona an Bord hatten. Jetzt also, nach tagelangen Verhandlungen mit der abweisenden australischen Regierung und unter den kritischen Blicken der australischen Medien, kamen sie zu der Lösung, dass die noch gesunden Passagiere heute Abend mit vier Chartermaschinen nach Frankfurt geflogen werden, die erkrankten Passagiere kommen in australische private (!) Krankenhäuser. Dass sie in private Krankenhäuser kommen und der australische Staat für die Kosten aufkommt, ist der Skandal von heute. Morgen kann es schon wieder etwas anderes sein.

Es gibt vor der Küste von Ecuador ein Schiff in ähnlichen Schwierigkeiten. Nur sind auf diesem Schiff australische Bürger. Deren Behandlung ist natürlich ein Skandal! Dass sie hier Menschen anderer Nationen genauso behandeln, ist dagegen nur recht und billig.

Wir haben uns angewöhnt, andere Kreuzfahrtschiffe, denen wir begegnen, zu googlen, um zu sehen, was so ihre Situation ist. Darunter ist eins, das hier vor Anker liegt, das uns wirklich überrascht hat. Es
heißt „The World“ und ist ein Schiff, auf dem man Studios oder Appartements kaufen kann und so Miteigentümer des Schiffes wird. Es gibt Leute, die tatsächlich hauptsächlich auf dem Schiff leben (vor allem aus steuerlichen Gründen!) und andere, die nur ab und zu mal vorbeikommen in die Zweit- oder Drittwohnung. Es gibt ungefähr 200 Mitbesitzer und 250 Mann Besatzung, die den Besitzern jeden Wunsch von den Augen ablesen. Die Route wird durch die Besitzer entschieden und etwa zwei Jahre
im Voraus geplant. Das billigste Studio kostet ca. 600.000 USD, aber man muss ein Vermögen von mindestens sieben Millionen vorweisen, um sich überhaupt einkaufen zu dürfen. Die jährlichen Nebenkosten belaufen sich auf ca. 300.000 USD. Irgendwas müssen wir irgendwo verkehrt gemacht haben, oder?

Aber vielleicht haben wir auch was Richtiges gemacht, denn gestern hat unsere Heimatzeitung einen Artikel über unser Schicksal veröffentlicht und dabei haben sie auch diese Blog-Adresse abgedruckt. Das ist völlig in Ordnung und wir heißen alle neuen Besucher unseres Blogs willkommen. Wir hoffen, Ihr mögt, was wir hier tun. Und wir versprechen, erst damit aufzuhören, wenn wir wieder heil und gesund zu Hause sind. 



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We are losing our sense of time, as day by day we seem to be stuck at the same place. So let us recapitulate:

We arrived in Fremantle on the morning of the 24th of March in the middle of a scandal which was due to some stupid people in the West Australian government. We refuelled and took provisions on board – without any human contact – because in that moment in time the ship was planning to go to Dubai and from there the passengers should fly home. We left the port of Fremantle in the evening of the 24th being cheered on by people on the pier.

During the night we were informed that Dubai had closed its port to all foreign ships and that therefore our ship would stay near Fremantle until a decision was taken, where to go next. So for three days we circled around, drawing a flower on the ocean’s surface.

Then the new information came: we would return to Fremantle to load extra provisions for – as the captain said: “Our long way back to Europe”. Everybody we talked to cheered as if our team had scored a goal.

In the meantime the government of West Australia had continued their verbal fight against all cruise ships, although our ship was no longer in the centre of this storm. Another ship: the Artania, which had Corona-virus ill people on board, had asked for urgent help for their non-Australian passengers, which set the Australian blood boiling. But we had to bear part of the reaction because we were not allowed to return to the pier, where loading would have been a question of hours, but on Friday night (the 27th) we had to anchor outside of the port. And of course the first to ‘greet’ us was a police boat. And from time to time helicopters were circling over our heads, while we were here.

Then a small vessel with a crane came to deliver our extra supplies and this boat has come and gone for the last two days, day and night. Just as I write this the last deliveries were loaded, the boat had to report back to the police boat, which watched over nobody leaving the ship and swimming ashore, and now our anchor are heaved, the engines have started and we expect the announcement from the captain where our voyage will take us next.

Since we started our cruise around the world in no other region have we dwelled as long as we have here in Fremantle/Perth. Perhaps it would have been worth the stay, perhaps it is beautiful, we don’t know, we have not seen it.

When you are on a ship and in our situation suddenly a feeling of solidarity erupts with other cruise ships which are in the same area or in the same kind of difficulties. So this now is about the Artania. They were on a cruise around the world as well, which even had started earlier than ours, in December 2019. The passengers are mostly Germans; the ship is chartered long-term by a German travel company. They planned to refill in Fremantle and go back to Germany, when it turned out that they had indeed corona-virus on board. So now, after days of negotiations under those anxious watchful eyes of the West Australian politicians and media, the came to the solution that the still healthy passengers will tonight fly to Frankfurt with four charter flights. Those who are too ill to travel will be transferred to an Australian private (!) hospital. That they are supposed to go to a private hospital, paid for by the Australian health system, is the scandal of the day. But tomorrow it might be something else.

There is a ship having the same kind of difficulties at the coast of Ecuador with Australians on board. Their treatment of course is a scandal! That other passengers have the same problems here is only just!

As far as interests in other ships is concerned we made it our duty to google all those cruise ships we meet or see anchored near us. Among them is one, which really surprised us: The World! This is a ship, where you can buy a studio or an apartment and become part of the ‘village’. There are people living mainly on the ship (some for tax reasons!) and other who just come for a few days or weeks every year. They have around 200 ‘villagers’ and 250 crew to care for every wish of said villagers. The route they take is decided by the owners and planned about two years in advance. You could buy the cheapest studio for around 600,000 USD, but to be allowed to purchase it at all, you must prove that your value is more than seven million Dollars. And the annual fee is around 300,000 USD, so just a bargain. We must have done something wrong, mustn’t we?
But we must have done something right, because yesterday (Saturday) our local newspaper published an article about our fate, and they published this blog address. So to all newcomers: Welcome and we hope you like what we are doing. We promise we will carry on until we are home safe and well.

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